Kurz und gut: Alben von Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra, KjellvanderTonbruket und M83

Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra by Athos Burez

Die Sounds & Books-Reviews zu den am 17.03.2023 erscheinenden Alben von KjellvanderTonbruket, Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra und M83

In unserer Reihe „Kurz und gut“ stellt Sounds & Books die Alben „Fossils“ von KjellvanderTonbruket, „Racing The Storm“ von Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra und „Fantasy“ von M83 vor.

Text von Werner Herpell

Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra: Racing The Storm

Den Vergleich mit der viel berühmteren Landsfrau mag Emiliana Torrini nicht allzu sehr. Und auch das neue Album der Isländerin – ihr Name deutet auf ihre Abstammung von einem italienischen Vater hin – erweist sich im Vergleich zu Björks 2022er Experimentalpop-Werk „Fossora“ als wesentlich leichter konsumierbare Version von „Elfen-Musik“. Die Gegenüberstellung geht keineswegs zu Torrinis Ungunsten aus, weil ihr „Racing The Storm“ gleichermaßen melodisch und ambitioniert klingt. Großen Anteil am Erfolg dieser Platte haben, neben dem immer noch faszinierenden Gesang der 45-Jährigen, ihre

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kongenialen Begleiter: Das belgische Colorist Orchestra begleitet Torrini hier schon zum zweiten Mal nach dem gemeinsamen Live-Debüt „The Colorist & Emiliana Torrini“ (2016) – ein Musikprojekt, das vor zehn Jahren von Aarich Jespers und Kobe Proesmans gegründet wurde und seither immer wieder Singer/Songwriter einlud, um deren Repertoire mit klassischen Instrumenten und selbstgebauten Klangkörpern neu zu interpretieren.

Mit den neuen Torrini-Liedern gelingt in dieser isländisch-belgischen Kooperation erneut etwas Besonderes. Die elf bildschönen Tracks erinnern dabei abwechselnd an die verspielten Soundtrack-Kompositionen des Bretonen Yann Tiersen („Die fabelhafte Welt der Amélie“), die Exotik von David Sylvian (ex-Japan) oder Peter Gabriels zugänglicheren 80er-Jahre-Output. „Racing The Storm“ ist ein starkes Album, bei dem alle Björk-Vergleiche für Emiliana Torrini hinfällig werden.

„Racing The Storm“ von Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra erscheint am 17.03.2023 bei Bella Union/Pias. (Beitragsbild: Emiliana Torrini & The Colorist Orchestra von Athos Burez)

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KjellvanderTonbruket: Fossils

Diese Kombination mag ungewöhnlich sein, macht aber musikalisch überraschend viel Sinn: Der schwedische Singer-Songwriter Christian Kjellvander (46), seit gut 20 Jahren solo unterwegs, und das ebenfalls aus dem Land der Elche stammende Jazz-Kollektiv Tonbruket um Dan Berglund (einst Bassist im längst legendären Esbjörn Svensson Trio e.s.t.) haben sich zum zweiten Mal zugetraut, aus unterschiedlichen Richtungen kommend ein kohärentes Werk zu schaffen. Nach dem passend betitelten Debüt ”Doom Country“ (2020) unter dem Bandwurm-Projektnamen KjellvanderTonbruket nun also “Fossils” – und wieder geht die Rechnung auf mit einem Album, das ein bisschen wie eine Nick-Cave-Platte mit dezentem Experimental-Jazz-Hintergrund klingt.

Wobei die am dunklen, psychedelisch angehauchten Roots- und Alternative-Rock orientierten, teilweise ausufernd langen Tracks auch ohne Jazz-Expertise bestens anhörbar sind – dafür sorgt schon allein die manchmal mit Country-Intensität unterlegte Stimme Kjellvanders, der in seiner Heimat fast kultisch verehrt wird. Schon in Bands wie Loosegoats oder Songs Of Soil reifte er zu einem der besten Singer-Songwriter Schwedens mit ausgeprägtem Sinn für Melodien. Tonbruket, das ersehnte Nachfolgeprojekt von e.s.t. und The Soundtrack Of Our Lives, gewann derweil seit der Gründung vor zehn Jahren viermal in Folge den schwedischen „Grammi“. Als Live-Session in nur vier Tagen nahm man nun gemeinsam „Fossils“ auf – ein nur anfangs seltsam anmutender Hybrid, der Fans beider Lager glücklich machen dürfte.

„Fossils“ von KjellvanderTonbruket erscheint am 17.03.2023 bei Startracks/Indigo.

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M83: Fantasy

Man kann es schlicht Synth-Rock oder Dream-Pop nennen, was der Franzose Anthony Gonzalez alias M83 auf seinem neuen Album „Fantasy“ veranstaltet. „Überwältigungsmusik“ trifft es wohl auch ganz gut, denn kaum jemand hat seit den 90er-Jahre-Großwerken von Depeche Mode oder Moby mit Keyboards, Gitarren und geschichteten Gesängen solche Klangkathedralen erbaut wie der Mann aus Antibes an der Côte d’Azur. Manchmal fragt man sich zwar, wieviel kompositorische Substanz in den gern auch mal sieben, acht Minuten langen Tracks steckt. Doch der enorm wuchtige Opener „Water Deep“, die nicht nur im Titel an Pink Floyds „Us And Them“ (vom Klassiker „The Dark Side Of The Moon“) erinnernde Ballade „Us And The Rest“ oder das wunderschöne „Radar, Far, Gone“ entwickeln eine beeindruckende Sogwirkung und laden zur Weltflucht ein.

Der Franzose ließ sich seit seinen Anfängen in den Nuller-Jahren von Shoegaze inspirieren und erweiterte diese Nischenmusik mit mächtigen, oft cineastischen Synthie-Fanfaren. Insofern passt „Fantasy“ nun bestens in den M83-Katalog, aus dem bisher das millionenfach verkaufte Album „Hurry Up, We’re Dreaming“ (2011) hervorstach. „Die Kombination von Gitarren und Synthesizern ist immer Teil meiner Musik, aber auf dieser neuen Platte ist sie vielleicht noch präsenter als auf den vorherigen“, sagt Gonzalez. „Ich wollte, dass diese Platte live sehr eindrucksvoll klingt.“ Davon kann man ausgehen – ein Konzert mit diesen bombastischen, im Wortsinn umwerfenden Stücken sollte sich für jeden Electronic-Music-Fan lohnen.

„Fantasy“ von M83 erscheint am 17.03.2023 bei Other Suns/Virgin Music.

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